Lieber verrückt, als einer von Euch

Psychotherapie - die Zweite

In einigen Ländern gehört es "zum guten Ton" einen Psychologen zu haben und jeder 2. hat auch Einen.
Leider ist das hier in Deutschland noch etwas anders. WAS? Einen Psychologen?? Geht ja gar nicht! Doch, geht! Und zwar sehr gut.
Jeder der meint, jemand sei "verrückt" oder "gestört" nur weil er sich Hilfe bei einem Psychologen sucht, dem möchte ich sagen:


"Es kann jeden  treffen! Es können ungeahnte Situationen in deinem Leben geschehen, die du nicht beeinflussen kannst. Es kann passieren, dass du durch solche Situationen in eine Depression verfällst. Es kann passieren das du aus heiterem Himmel eine Panikattacke erleidest und es können noch so viele Dinge geschehen die du alleine möglicherweise nicht durchstehen kannst!!
Also bitte hört endlich auf Psychiatrien als "Klapsmühlen" zu bezeichnen, Psychologen als "Meisendoktoren"
und verurteilt niemanden der die Hilfe eines Psychologen annimmt!!!"

 

Mein Psychologe ist der Hit! Die Psychologin vom Anfang meines Leidens war immer die Liebe, Verständnisvolle.

Die Heilpraktiker für Psychotherapie waren auch die Lieben, Verständnisvollen die mich auch mal in den Arm nahmen.
Der Psychologe in der Psychiatrie bei dem ich meine Einzelsitzungen hatte, schlief während der Sitzungen alle 15min. ein. Den konnte ich einfach nicht ernst nehmen.
Mein jetziger Psychologe ist da mal komplett anders! Kein Mitleid! Er sagte mir, warum solle er Mitleid mit mir haben? Ich habe ja keine schlimme, tödliche Krankheit! Er ist immer seeeehr direkt und sagt  mir auf den Kopf zu was ich falsch mache, wie ich mich in einigen Situationen verhalte.
Es tut manchmal schon etwas weh, aber ich kann ihm auch nicht widersprechen. Er hatte bisher immer Recht.

In meiner einen Therapiesitzung fuhr mein Psychologe mit mir einkaufen (davor hatte ich ja schließlich Angst und vermeide es seit einem knappen Jahr einkaufen zu gehen). Bevor wir den Supermarkt betraten sagte er zu mir
    "wenn wir jemanden treffen den Sie kennen, können Sie sagen ich wäre Ihr Nachbar"
Ich schaute ihn völlig verwirrt an.
"Warum sollte ich das machen?"
   "Naja einigen Patienten ist das peinlich mit ihrem Psychologen unterwegs zu sein und sagen dann ich wäre der Nachbar"
"Mir ist das aber nicht peinlich! Und das kann auch ruhig jeder wissen! Ich habe halt ein Problem und das habe ich nicht gerne und ich versuche mit allen Mitteln wieder am normalen Leben teilzunehmen, also möchte ich auch keinem etwas vorlügen oder etwas beschönigen.
Ich stehe dazu eine Therapie zu machen!"

Jetzt schaute mein Psychologe mich verwirrt an.
    "Und das stört Sie kein bisschen, dass andere mitbekommen, dass Sie eine Therapie machen?"
"Nein! Warum sollte es? Hat nicht jeder Mensch Schwächen? Geht es nicht jedem Menschen mal schlecht? Braucht nicht jeder Mensch mal Hilfe?"

Wir gingen also einkaufen. Ich war erstaunt wie gut das alles klappte. Er verließ mich immer mal wieder für 15-20min. und ich musste alleine im Supermarkt bleiben. Ich hatte keine Angst, ich hatte keine Panikattacke. Alles lief, als wäre nie etwas gewesen.


Mmmhh... nutze ich etwa den sogenannten "sekundären Krankheitsgewinn"?
Ging es mir eigentlich schon lange wieder gut, fand es aber einfach nur bequem nicht mehr einkaufen gehen zu müssen?
War es denn sooo schlimm, ein einziges Mal eine Panikattacke am Gemüseregal gehabt zu haben?

 

Nach 2,5 Stunden war die "Einkaufs-Therapie" beendet.

 

Nächster Termin - wir gehen in die Stadt.
Ach herrje! Um Gottes Willen! In die Stadt! Muss das denn sein?
Ja es musste sein. Ich erzählte auch noch, dass meine letzte Panikattacke in einem Elektronikfachgeschäft stattgefunden hatte.
Wo musste ich dann natürlich hin? Richtig! In besagtes Fachgeschäft. Eine Stunde lies er mich dort verharren.
Aber auch diesmal war es für mich kein Problem. Ich kam mir nur irgendwann etwas blöd vor, nichts suchend durch die Gänge zu wandeln, aber ansonsten war die Mission erfolgreich. Auch diesmal stieg keinerlei Panik in mir auf.
Mmmhh... wieder etwas merkwürdig.

 

Was ich lernte war, ich MUSS ausharren! Ich muss solange im Laden bleiben, bis die Panik weg ist und ich sagen kann "ich könnte noch 2 Stunden hier bleiben" Solange ich das Gefühl habe "ich muss hier ganz schnell raus" darf ich den Laden nicht verlassen.  

Ich bin auf meine nächste Sitzung gespannt. Das große Thema "Autofahren" steht noch im Raum und das will er auch mit mir machen!